Geschichte
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Treffen Sie einen der flamboyantesten Höflinge des großen Louis XIV, den Grafen Roger de Bussy-Rabutin, und sein Haus mit einer Dekoration, die eines lebensgroßen Comics würdig ist ! Bourguignon bunt, Militär, galant Mann, Akademiker mit lebhaftem Verstand, eine seiner Broschüren wird seinen Fall verursachen! Er wird ins Exil geschickt. In Erwartung einer unwahrscheinlichen Rückkehr zur Gnade arbeitet er an einem Innendekor, das seine Sehnsucht nach dem Hof zum Ausdruck bringt und seine Gefühle widerspiegelt.
Die frühesten archäologischen Spuren dieser Stätte zeugen von einem festen Haus aus dem 14. Jh., dessen Haupttrakt von vier Türmen und einer Kurtine (also eine Schutzmauer) flankiert war, von Burggräben umgeben.
Im 16. Jh. weicht der mittelalterliche Einfluss einer Renaissance-Architektur: Die Kurtine wird abgerissen und durch zwei auf Korbbögen ruhende und mit Friesen verzierte Galerien ersetzt.
Als François de Rabutin (der Großvater von Roger de Rabutin) 1602 das Schloss Bussy erwirbt, schafft er eine rhythmische und symmetrische Fassade für den Haupttrakt. Die über drei Stockwerke (Erdgeschoss, Etage und Dachgeschoss) reichende helle Gebäudehülle kontrastiert mit den dunklen Schieferdächern.
Roger de Rabutin erbt das Schloss von seiner Mutter und verschönert es weiterhin, insbesondere innen.
© Benjamin Gavaudo / Centre des monuments nationaux
Der 1618 geborene und zunächst einer religiösen Karriere zugedachte Roger de Rabutin steigt schließlich mit zehn Jahren zum Erbfolger der Grafschaft Bussy auf. Sein Vater, Generalleutnant des Königs von Nivernais, möchte, dass er sich vor allem der Kriegskunst widmet: Eine Offenbarung für den jungen Roger, er geht zum Militär! Ab dem 16. Lebensjahr nimmt er an zahlreichen Schlachten teil, erhält mehrere Auszeichnungen und erreicht mit 35 Jahren den Rang „Maréchal de camp“.
Auch in den Salons wird man schnell auf den blitzgescheiten, höchst gebildeten und schalkhaften Cousin der Marquise de Sévigné aufmerksam. Er wird ein bekannter Schriftsteller, der 1665 zum Mitglied der Académie Française ernannt wird.
Eins seiner Pamphlete - L‘Histoire amoureuse des Gaules - wird ihm zum Verhängnis: Zur Belustigung seiner Geliebten verfasst, übt er darin eine umfassende Kritik der aristokratischen Gesellschaft und ihres ausschweifenden Lebenswandels. Sehr schnell entzieht sich dieses Schriftwerk seiner Kontrolle.
König Ludwig XIV. fühlt sich von diesem Text beleidigt und verurteilt ihn zu einem Jahr Gefängnis in der Bastille sowie anschließend zum endgültigen Exil auf seinen Ländereien im Burgund, wo er sich über 17 Jahre der Erschaffung einer Inneneinrichtung widmet, die seine Nostalgie des Hofes und seine Gefühle widerspiegelt.
Haben Sie Lust, mehr über den erstaunlichen Roger de Rabutin zu erfahren ?
© Benjamin Gavaudo / Centre des monuments nationaux
Im Allgemeinen als „Klatschblatt“ des 17. Jahrhunderts betrachtet, ist dieses ursprünglich in einem leichten Rahmen geschriebene Schriftwerk jedoch viel mehr als eine simple People-Zeitschrift.
Seine Entstehung geht auf eine Rekonvaleszenz von Madame de Montglas zurück, die Geliebte von Roger de Rabutin: Zu ihrer Belustigung verfasst er dieses kleine aber äußerst ironische Sammelwerk. Nur für die Privatsphäre gedacht, verliert Roger de Rabutin doch sehr schnell die Kontrolle darüber.
Als Madame de Montglas ihn davon überzeugt, das Buch ihrer besten Freundin, Madame de la Baume, zu leihen, ist alles zu spät.
Von Rache getrieben (Roger de Rabutin hat ihre zahlreichen Avancen zurückgewiesen), entscheidet sie sich, das Schriftwerk zu kopieren, es mit Geschichten über den König, seine Familie und seine Gespielinnen auszuschmücken und unter dem Namen Roger de Bussy-Rabutin zu veröffentlichen.
Der König reagiert dermaßen heftig, weil es sich um ein Pamphlet und nicht nur um eine einfache Sammlung galanter Abenteuer handelt.
Die satirische Sprengkraft liegt in der inhaltsschweren Botschaft. An einem Hof, wo Geheimnisse, insbesondere skandalöser Natur, gewahrt werden sollen, erweist sich Bussy als der Stärkere; er weiß und enthüllt alles.
© Reproduction Hervé Lewandowski / CMN
Das Bauwerk zeichnet sich durch die von Roger de Bussy-Rabutin geschaffene Innenraumgestaltung aus. Der Graf selber sprach davon als „ein Wohnsitz mit einzigartigem Inneren“. Über dreihundert Gemälde schmücken die Wände und schildern das Leben dieses flamboyanten Adeligen aus dem Burgund sowie seine Sehnsucht nach dem Königshof.
Wir haben eine echte Bildgeschichte über das Leben des Grafen vor unseren Augen und tauchen in sein soziales Netzwerk ein. Der goldene Turm (Tour Dorée) oder der Saal der Feldherren (Salon des Hommes de Guerre) mit ihren unzähligen Porträts kommen seinem ganz persönlichen Facebook gleich.
Seine Sensibilität offenbart sich auf das Feinste während der gesamten Besichtigung, insbesondere aber in seinem beeindruckenden Dekor der Devisen. Der Graf treibt dieses Spiel in seinem Herrensitz auf die Spitze und führt den von Finesse und Erhebung durchdrängten Geist der Aristokratie vor. Achtunddreißig „Bänder sprechende Bilder“ finden sich dort, wovon der Großteil im ersten Saal im Erdgeschoss versammelt ist und jeden Besucher, der sie entdeckt, neugierig werden lässt.
Vom ersten bis zum letzten Saal tauchen Sie in die Epoche des Sonnenkönigs ein: Das ist die Stärke von Roger de Bussy-Rabutin.
Im Exil fern von seinesgleichen und ihren Intrigen vollbringt er die Meisterleistung, die Gesamtatmosphäre von Versailles auf seinen Ländereien im Burgund aufleben zu lassen. Seine Bildergalerie zeugt von den Gefühlen eines Grandseigneurs über den König und den Hof: Er stellt den Gang und die Subtilität dieser Welt dar, die ihm nunmehr verschlossen ist.
Also verkündet der Graf sowohl allen Zeitgenossen wie auch der Nachwelt gleich dem Lagardère-Spruch aus dem Roman Le Bossu:
Wenn du nicht nach Bussy kommst, kommt Bussy zu dir !
© David Bordes / Centre des monuments nationaux
Einer der herausragendsten Aspekte dieses Schlosses ist, dass die dermaßen besondere Inneneinrichtung die Familie Rabutin überdauert hat, der das Anwesen nur knapp über hundert Jahre gehört hat!
Denn die Bussy-Ländereien werden in der Tat 1602 vom Großvater des Grafen erworben und 1733 von den Nachfahren von Roger de Rabutin veräußert. Darauf folgen mehr als fünf Familien, denen allen am Herzen liegt, das Schloss und seine erstaunliche Innendekoration so gut wie möglich zu erhalten.
Wenn eine andere Familie im Zusammenhang mit diesem Monument genannt werden muss, dann sind das die Comtes de Sarcus, denen das Anwesen im 19. Jahrhundert gehörte.
Am 5. August 1835 erwirbt Jean-Baptiste de Sarcus das Schloss Bussy-Rabutin im Rahmen einer Auktion des Gerichts von Semur-en-Auxois. Der Hobbymaler, versierte Historiker, kundige Sammler und gelegentlich auch Archäologe begeistert sich für das Bauwerk und seinen flamboyanten Eigentümer aus dem 17. Jahrhundert.
Über zwanzig Jahre bemüht er sich, den ursprünglichen Zustand von Bussy wiederherzustellen und lässt das Anwesen wieder aufblühen. Er erreicht, dass es ab 1862 als eins der ersten privaten Anwesen unter Denkmalschutz gestellt wird.
1929 erwirbt der Staat das Anwesen, der seit den 1970er Jahren zahlreiche Sanierungsmaßnahmen durchgeführt hat. Den Höhepunkt bildet die vom Loto du Patrimoine-Mission Bern initiierte und vom Centre des monuments nationaux in die Wege geleitete umfassende Restaurierung.
©Base Regards / Centre des monuments nationaux
2018 hatte das Schloss die große Überraschung und Ehre, am Loto du Patrimoine Mission Bern teilnehmen zu dürfen.
Diesem Umstand ist es zu verdanken, dass das Centre des monuments nationaux eine umfassende Sanierung einleiten konnte, um den Flügel des Herrensitzes aus dem 19. Jh. wieder im alten Glanz erstrahlen zu lassen. Im ersten Stock wurden die 1970 restaurierten Gemächer der Grafen de Sarcus aufgefrischt. Vor allem weist das Erdgeschoss nach den Arbeiten jetzt wieder die Gestaltung wie zu Beginn des 19. Jahrhunderts auf, will heißen ein Boudoir, einen Salon und ein achteckiges Speisezimmer.
Entdecken Sie den um neu geöffnete Räume erweiterten Rundgang und vor allem das nunmehr in seiner Gesamtheit der Öffentlichkeit zugängliche Schloss!
© Pascal Lemaître / Centre des monuments nationaux
Geschichte, Kunst & Architektur
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